Leseproben


Aus Expertensicht

Interviewauszüge

 

Mit Grundschülern in den Zoo - wenn Tierbabys und actionreiche Fütterungen noch motivieren.

Nicola Düring, Grundschullehrerin


Welche Themen aus der Umweltbildung lassen sich besonders gut im Zoo umsetzen, und wie können „tierfremdere" Themen wie Energie, Klima, Wasser, Kommunikation, Sozialverhalten aufgegriffen werden?

Themen wie Lebensweise oder Lebensraum liegen natürlich auf der Hand. Bei tierfremderen Themen ist es wichtig, dass sie sich über die Tiere herleiten lassen. Denn die Kinder sind während des Zoobesuchs auf die Tiere fokussiert. Diese können im gewählten Themenkomplex die Rolle von Botschaftern oder Vorbildern aber auch von Opfern des menschlichen Handels übernehmen. Auf diese Weise können Themen wie Klima oder Wasser sehr gut in den Zoobesuch integriert werden. Aber auch Themen wie Kommunikation oder Sozialverhalten können aufgegriffen werden. Die Kinder beobachten zuerst, wie Tiere untereinander kommunizieren, und stellen anschließend Vergleiche zum Menschen her. Das Verhalten zwischen Menschen und Tieren können die Kinder ebenfalls im Zoo erarbeiten. Das Thema Energie finde ich schon etwas schwieriger - eventuell könnte man eine Brücke über die Klimaveränderung schlagen. Bei Themen, die nicht so leicht mit Tieren verbunden werden können, ist es wichtig, dass der Zoo Unterstützung anbietet.

Wie kann diese Unterstützung aussehen?

Ich habe bis jetzt noch nicht die klassische Zooschule mit Betreuung durch einen Zoopädagogen gebucht. Wir haben unsere Zoobesuche immer im Unterricht vorbereitet und den Ausflug selbst gestaltet. Da ist es natürlich toll, wenn der Zoo uns Lehrer mit Vorbereitungsmaterial unterstützt, mit dem die Kinder die Tiere schon vor dem Besuch kennenlernen können. Wenn ein Zoo didaktisches Material anbieten möchte, ist es ganz wichtig, nicht nur klassische Ausmalbilder und Unterlagen für die erste und zweite Klasse zu erstellen. Wir sind immer sehr dankbar, wenn es auch Materialien für die älteren Grundschüler gibt. Vor Ort sprechen die Kinder besonders gut auf Erlebnisstationen an. So hat der Zoo in Rheine an vielen Gehegen Fühlstationen oder Quizelemente installiert. Hier müssen die Kinder die Fragen nicht schriftlich beantworten, sondern die Antworten durch Fühlkarten, Puzzle oder auf anderem Wege herausbekommen. Solche Elemente motivieren die Kinder, aktiv zu werden und ermöglichen ihnen viele Erfolgserlebnisse. Die Kinder können beobachten, Informationen sammeln, Sachen anfassen und diesen neuen Wissensschatz gleich wieder anwenden. Beispielsweise gibt es in Rheine auch einen Tümpel, an dem die Kinder keschern können. Die gefundenen Objekte können sie dann mikroskopieren und mit Bildern an einer Infotafel vergleichen. Dieser Teich wirkt wie ein Magnet auf die Kinder.

 

 

Die Begegnung mit Tieren als eine besondere Art der Naturerfahrung

Prof. Dr. Ulrich Gebhard

 

Wirkungen der Tierbeziehung auf Kinder

In einer Studie mit zwei- bis fünfjährigen Kindern wurde gezeigt, dass die Beziehung zwischen Hund und Kind die Beziehungsfähigkeit positiv beeinflusst. Ein wichtiges Kriterium ist dabei das Alter des Hundes: Die Initiative des Kindes gegenüber dem Hund ist größer und auch unbefangener, wenn der Hund älter als das Kind ist. Am besten sei es, wenn der Hund (möglichst eine Hündin) schon vor der Geburt des Kindes in der Familie war.

Die nonverbale Kommunikationsfähigkeit kann durch den Kontakt mit Tieren gefördert werden. Kinder, die längere Zeit Kontakt mit einem Haustier hatten, haben bessere Leistungen im Verstehen nonverbaler Signale als Nichthaustierhalter. So haben Kinder mit einer engen Bindung an Tiere höhere Empathiewerte. Die (zumindest versuchte) Einfühlung in ein Tier geschieht angesichts des Fehlens expliziter verbaler Kommunikation.

Das fördert die Entwicklung nonverbaler, intuitiver und empathischer Kommunikation. Interessant ist, dass nicht nur die Bindung an Menschen, sondern auch die Bindung an Tiere entsprechende Wirkungen hat. Besonders wichtig ist dabei das Sicherheitsgefühl, Emotionsregulation und das Bedürfnis nach Versorgen. Auch im Hinblick auf das Sozialverhalten schneiden Kinder, die ein Tier halten, günstiger ab. Sie werden häufiger als Vertrauenspersonen und Spielkameraden gewählt. Die Haustierbesitzer sind nicht nur beliebter, sondern auch von sich aus kontaktbereiter und isolieren sich weniger. Tiere vermitteln ein Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit. So führt z. B. das Betrachten eines Aquariums zu einer Senkung des Blutdrucks. Analoge Versuche wurden auch in Bezug auf Hunde gemacht. Die Gegenwart des Hundes senkte den Erregungsstand bzw. die Angst von Kindern merklich, was anhand von Messungen (Blutdruck, Herzfrequenz) nachgewiesen wurde.

Tiere haben oft die Funktion von „kommunikativen Ressourcen". Sie geben Stoff für Gespräche und stecken als „biographiefähige Akteure" selbst voller Geschichten. Ethnologische Studien zeigen, dass im Unterschied zu Nutztieren das "Schoßtier" stets auch ein vermenschlichtes Tier war: Es durfte ins Haus, hatte einen Namen und wurde nicht gegessen. "Wie heißt es?", ist dementsprechend auch eine der ersten Kinderfragen angesichts eines neuen Tieres.